Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis von Tomas
Bohinc, der sie mit der Planungsgruppe einer RTSC-Konferenz für die
Betriebliche Sozialberatung der Deutschen Telekom schrieb und der für
uns auch die Geschichte hinter der Geschichte
aufgezeichnet hat.
Ich will Euch von einem Dorf berichten, dessen Geschichte
in vielen Büchern und Zeitungen als großes Beispiel berichtet
wurde. Ich erinnere mich an einen Bericht, in dem etwa folgendes stand:
In den Alpen gab es das Dorf. Es war ein blühendes Dorf. Es lag
an einen schönen Hang auf der Westseite der Alpen und jeden Abend
sahen nach die Dorfbewohner die Sonne nach ihren Arbeitstag untergehen.
Es gab auch viele Gäste in dem Dorf. Die Bewohner des Dorfes versuchten
Ihnen den Aufenthalt so schön wie möglich zu machen. Die Gäste
waren zufrieden und berichten in ihren Heimatorten von dem schönen
Dorf.
Sehr langsam, fast ohne dass die Bewohner des Dorfes es bemerkten, veränderten
sich die Alpen. Es wurde immer mehr von Erdrutschen berichtet, die einige
Wege unbegehbar machten. Die meisten Bewohner merkten nichts davon.
Sie sagten: "Das gab es schon immer und es ist auch nicht so schlimm."
Eines Tages gab es sogar selbst einen Erdrutsch in der Nähe des
Dorfes von dem auch in den Zeitungen im Tal berichtet wurde. Es kamen
daraufhin auch weniger Besucher. Davon bemerken aber nur wenige Bewohner
etwas. Natürlich vor allem die, die diese Besucher bisher beherbergt
hatten. Diese Bewohner sahen plötzlich alles schwarz. Die meisten
hörten Ihnen aber nicht zu. Denn Ihnen ging es gut. Sie hatten
noch genug Gäste. Es dauerte einige Zeit und es gab wieder einen
Erdrutsch. Dieser verschütte diesmal eine Woche lang die Straße
zum Dorf. Jetzt waren mehr Bewohner davon betroffen. Es gab aber immer
noch einige, die ihre Keller so voll hatten, dass sie noch gut davon
leben konnten. Bei anderen wurden die Vorräte aber schon knapp.
Wieder andere stellten sich auf ein ärmeres Leben ein und warteten
auf gute Zeiten. Und wieder gab es einen Erdrutsch. Diesmal war nur
wenig Zeit vergangen. Das Dorf machte einen tristen Eindruck. Selbst
den schönen Sonnenuntergang konnte niemand mehr genießen.
Böse Stimmen sagten: "Unser Dorf wird nicht mehr lange bestehen."
Eines Tages trafen sich einige wenige Bewohner, um über die Lage
zu reden. Sie sahen, wenn sie nichts unternahmen, würde das Dorf
abgeschnitten und sich selbst überlassen. Dies würden sie
nicht überleben, meinten einige. Sie befiehl eine traurige Stimmung.
Plötzlich sagte einer. Wir müssen unser Dorf verlassen. Ich
habe gehört dass auf der anderen Seite, der Ostseite, Wald und
Wiesen sind, welche die Hänge sicher von Erdrutschen machen. Es
gab gleich Einwände, dass noch nie jemand von der Westseite zur
Ostseite gekommen wäre. Der einzige Weg sei über das Tal.
Der aber sei seit dem letzten Erdrutsch abgeschnitten. Sie debattierten
lange und es wurde schon Morgen. Aber am Morgen hatten sie sich auf
einen Plan geeinigt. Es gab nur eine Chance für das Dorf. Nämlich
sich auf den Weg zur Ostseite zu machen. Alleine konnten sie den Weg
nicht gehen. Denn wie sollten Sie dort dann ein neues Dorf aufbauen?
Sie mußten die anderen Bewohner des Dorfes überzeugen. Aber
wie. Sie mußten Ihnen sagen. Wir machen einen langen Weg. Der
Weg wird schwierig und wir kennen den Weg nicht. Wir wissen auch nicht,
ob wir überhaupt ankommen werden. Trotzdem faßten sie sich
den Mut und riefen alle Bewohner des Dorfes zu einer Versammlung ein.
Es wurde viel diskutiert und auch gestritten. Warum sollen wir das Dorf
verlassen. So schlimm ist es doch nicht. Wenn wir abgeschlossen sind,
dann wird uns schon jemand helfen, das war schon immer so. Andere malten
ein düsteres Bild von der Reise und meinten es sei besser man bliebe
im Dorf. Wieder andere sagten, sie könnten nicht gehen. Sie hätten
Problem mit dem Rücken oder den Füßen. Aber in dem Dorf
gab es auch andere Stimmen. Diese sagten, wir müssen gehen. Die
Westhang wird immer gefährlicher. Sie unterstützten die kleine
Gruppe. Das Dorf beriet drei Tage und zwei Nächte und entschloss
sich dann gemeinsam aufzubrechen.
Die Koffer und Kisten wurden gepackt. Man überlegte was man zurückließ
und was man mitnahm. Wagen wurden beladen. Und dann ging es los.
Der Anfang war ein schöner Weg. Es ging bergauf und man hatte das
Gefühl vorwärts zu kommen. Der Blick ins Tal wurde immer schöner
und eine freudige Stimmung kam auf. Wir haben es schon geschafft. Morgen
sind wir da.
In diese Stimmung platze ein heftiger Regen. Die Zelte wurden durchweicht.
Es gab keine trockenes Tuch mehr. Als der Regen vorbei war setze eine
garstige Kälte ein. Alle froren. Die Kinder jammerten und klagten.
Wir wollen wieder nach Haus. Die Alten beschwerten sich über die
Jungen. Sie seien ja noch stark. Aber was muten sie uns in unseren letzten
Tagen noch zu. Die kleine Gruppe macht Mut. Sie trösteten die Kinder,
redete mit den Alten. Es gab auch andere Bewohner des Dorfes, die sie
unterstützten. Nach dem dritten Tag schien die Sonne wieder und
sie konnten ihren Weg fortsetzen.
Sie gingen eine Woche und ein Tag und kamen an eine Kreuzung an. Welchen
Weg sollten sie jetzt einschlagen. Es gab einen der sah sehr bequem
aus, war breit und gut befestigt. Ein anderer war eng, schmal und Gras
bewachsen. Es gab ein wildes Durcheinander in den Meinungen und auch
Stimmen, die sagten man sollte lieber wieder zurückgehen, als sich
weiter auf das Abenteuer einzulassen. Je größer die Ratlosigkeit,
um so größer wurde der Streit unter ihnen. Es gab sogar einige
die sich schlugen. Alle blickten plötzlich auf die kleine Gruppe,
welche die Initiative ergriffen hatte. Sie wurde beschuldigt alle in
ein Abenteuer ohne guten Ausgang getrieben zu haben. So angegriffen
setzte sich die Gruppe zusammen. Es kamen aber auch einige andere Bewohner
des Dorfes hinzu. Wie sollen wir den richtigen Weg finden und wie die
anderen davon überzeugen. Einer machte den Vorschlag alle Für
und Widers genau zu diskutieren und abzuwägen. Kein Gegenargument
zu unterdrücken, sondern genau zu prüfen, was dafür und
dagegen spricht. Jeder sollte all seine Erkenntnisse einbringen. So
diskutierten sie einen Tag ohne Ergebnis, einen weiteren Tag und noch
eine Nacht. Da hatten sie die Entscheidung. Wir gehen den schmalen Weg.
Er wird uns noch weiter hinaufführen. Und da noch niemand den Weg
zur Ostseite gegangen ist, kann es kein breiter ausgetretener Weg sein.
Mit diesen Argumenten konnten sie die anderen überzeugen. Sie waren
froh, dass sie diese Prüfung bestanden hatten. Sie wußten
aber, dass Ihnen noch eine weitere bevorstand.
Und die kam auch. Sie waren schon auf dem Gipfel und sahen die Weiden
und Wälder der Ostseite aus weiter Ferne. Jetzt geht es nur noch
bergab. Ein leichter Weg. Sie machten Rast auf einem Hochplateau. Plötzlich
zitterte der Berg. Ein Erdbeben? Das Hochplateau begann zu rutschen.
Als der Schreck vorbei war, sahen sie, dass die größten Teile
ihres Vorrates den Berg hinuntergerutscht war. Es gab einige Familien,
die alles verloren hatten. Einige waren verletzt. Es gab wieder eine
Gruppe, die jammerte und die Initiatoren beschuldigten, sie alle ins
Verderben geführt zu haben. Sie war aber viel kleiner geworden.
Andere malten ein düsteres Bild. Wir werden verhungern, bevor wir
ankommen. Aber es gab viele, die Mut machten. Wir werden es schon schaffen.
Sie legten Hand an und sammelten alle Vorräte die noch zu retten
waren. Sie organisierten einen Rat, der über die Verteilung der
Vorräte beschloss. Wie eine große Gemeinschaft organisierten
sie jetzt ihre weitere Reise.
Nach drei Monaten und drei Tagen kamen sie in einem kleinen Tal an.
Es war gut gelegen und sie beschlossen, hier Ihr neues Dorf zu errichten.
Es ging sehr schnell mit dem Aufbau. Denn auf der Reise hatten sie gelernt,
den Mut nicht zu verlieren, wenn die Zeiten schwierig sind, Entscheidungen
gemeinsam zu fällen und sich als Gemeinschaft zu fühlen und
als solche zu handeln.
Die Bewohner kamen jeden Morgen auf dem großen Platz zusammen
und sahen, wie die Sonne aufging und schöpften aus ihren Strahlen
die Kraft für den neuen Tag.
Schon bald kamen die ersten Besucher, mehr zufällig vorbei und
sahen welches schöne Dorf die Bewohner hatten. Sie wollten wissen,
wie ihnen das gelungen ist. Und die Bewohner zeigten ihnen, wie sie
es auch erreichen könnten. Bald sprach es sich herum, dass man
in dem Dorf Rat für schwierige Situationen bekommen könnte
und so gab es immer mehr Besucher. Einige Besucher schrieben sogar Artikel
für Zeitungen und berichteten, wie das Dorf Ratschläge erteilt.
Aus einem der Berichte habe ich die Geschichte dieses Dorfes entnommen.
Ich hörte, dass nach einigen Jahren auch die Ostseite des Berges
von Erdrutschen bedroht war und das Dorf jetzt an einem ganz anderen
Ort ist.