Von
Tomas Bohinc, Deutsche Telekom, e-Mail: tomas.bohinc@telekom.de
Die
Geschichte der Geschichte:
Wie kann die Vision der Betrieblichen Sozialberatung auf der RTSC-Konferenz
am wirkungsvollsten vermittelt werden? Diese Frage stellte ich mir und
dem Vorbereitungsteam. Die Idee einer Geschichte, eines Märchens
war im Gespräch, jedoch habe ich sie zunächst als Berater
nicht aufgegriffen. Die Idee, eine Geschichte zu schreiben, erhielt
ich auf dem Lernforum für Großgruppenarbeit
im Oktober 2000 in Oberursel. Für mich war jedoch von Anfang an
klar, nicht ich sollte die Geschichte schreiben, sondern die Mitglieder
der Vorbereitungsgruppe. In der letzten Vorbereitungsrunde brachte ich
die Idee ein. Ich glaube, die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe konnten
sich nicht vorstellen, so kurz vor der Konferenz noch eine Geschichte
zu schreiben.
Ich ermunterte Sie, Stichworte, Ideen und Gedanken zu äußern.
Langsam füllte sich das Flip-Chart Blatt. Mit der Zeit kristallisierten
sich dann Elemente heraus. Das Motto: Der Berg. Ein Dorf, das sich verändern
muß. Der schwierige Weg. U.s.w.
Jetzt begann ich ein Bild zu malen. Einen Berg. In der Mitte des Berges
ein Dorf. Einen Weg der hinaufführt. Die Teilnehmer begannen schon
Elemente der Geschichte zu erzählen. Die Worte mit Details auszuschmücken.
Ich malte, so gut ich es konnte all diese Dinge in das Bild. So entstand
ein Bild der Geschichte.
Für die Umsetzung des Bildes forderte ich die Teilnehmer auf, es
in einen Text umzusetzen. Ich bot mich auch selbst an, eine Vorlage
zu liefern. Die entstandenen Geschichten wurden gegenseitig zugemailt.
Es entstand dann ein Entwurf, der noch am Vorabend der Konferenz redigiert
und für die Präsentation in der Konferenz inszeniert wurde.
Die Tische wurden mit Bergsteigerseilen verknotet. Das Bild des Berges
war als Themenbild immer präsent.
Auf der Konferenz wurde die Geschichte von der Strategiegruppe vorgetragen.
Jedes Mitglied der Strategiegruppe erzählte einen Teil. In Ihrem
anschließenden Vortrag nutze die Leiterin, die Metaphern und Bilder
der Geschichte um die Vision, die Strategie für die Betriebliche
Sozialberatung vorzustellen. Sich sagte darüber selbst, dass sie
erstaunt war wie gut es gelungen ist, die Vision zu vermitteln. Die
Bilder der Geschichte wurden dann auch in der Konferenz immer wieder
genutzt bis hin zu einem Stellbild, bei dem sich jeder Teilnehmer in
einem auf dem Boden visualisierten Berg positionieren sollte.
Ich selbst war überrascht, wie gut sich Geschichten eignen, Inhalte
emotional zu verknüpfen, ohne dass es in das Märchenhafte
abgleitet. Und wie gut es gelang, uns alle im Vorbereitungsteam mit
dem Schreiben der Geschichte auf die Konferenz einzustimmen. In der
großen Abschlußrunde wurde von den Teilnehmern auch immer
wieder bei ihrer persönlichen Stellungnahme Bezug auf das Bild
genommen. Es hat so die Chance, eine gemeinsam getragene Metapher für
den Veränderungsprozess zu werden.
In der Feedbackbesprechung berichteten mir die Teilnehmer der Vorbereitungsgruppe,
dass sie Kollegen gesprochen hätten, die die Bilder der Geschichte
selbst benutzen, um die Inhalte der Vision weiterzuvermitteln.
Verallgemeinerung:
Aus dieser Erfahrung leite ich folgende methodischen Schritte ab, die
systematisch zum Entstehen einer Geschichte durch ein Vorbereitungsteam
oder eine Strategiegruppe führen.
1. Schritt:
Vom Erfolg von Geschichten in RTSC-Konferenzen berichten. Dadurch wird
die Idee in die Vorbereitungsgruppe eingestreut. Hier kann man dann
schon beobachten, ob es Teilnehmer gibt, die die Idee aufgreifen.
2. Schritt
Elemente der Geschichte zusammentragen. Eine Geschichte muß erfunden
werden Und das bedeutet, dass zunächst nicht Greifbares vorhanden
ist. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, ein leeres Blatt mit Inhalt
zu füllen. Hier hilft die Methode, die Gabriele L. Rico in dem
Buch "Garantiert schreiben lernen" beschrieben hat. Ideen,
die aufkommen werden auf das Blatt geschrieben, eingekreist und mit
Strichen verbunden, wenn es zwischen den Worten eine Beziehung gibt.
So entsteht ein Netz von Worten bei dem sich mit der Zeit ein dominanter
Eindruck herauskristallisiert. Der Kern der Geschichte wird so fast
wie von selbst sichtbar.
3.Schritt
Die entstanden Geschichtsidee wird in ein Bild umgesetzt. Das Bild hilft
weiter die Phantasie anzuregen. Wichtig ist, dass durch das Bild das
Hauptmotiv deutlich wird und in dieses dominante Motiv so viele wie
möglich Details eingezeichnet werden. Hier kann jemand hilfreich
sein, der visuelle Protokolle erstellen kann.
4. Schritt
Der Text. Das schreiben eines Textes selbst ist Handwerk. Dies kann
durchaus der Berater der Gruppe abnehmen. Viel wirksamer ist es natürlich,
wenn die Geschichte von einem oder mehren Teilnehmer selbst geschrieben
wird.
5. Schritt
Die Inszenierung. Die Geschichte lebt zwar von sich alleine, sie wirkt
aber besser, wenn sie durch Anker in der Dekoration des Raumes, der
Darstellung von Plakaten, Folien u.w.s immer wieder in irgendeiner Forma
auftaucht. Hierdurch bilden sich bei den Teilnehmern weitere Assoziationen
und Bilder zur Geschichte.
6. Schritt
Die Geschichte als Bild der Vision muss auch nach der Konferenz in der
Organisation einen Platz haben. Dazu gehört, dass sie in einer
möglichst gut aufbereiteten Form allen Teilnehmer zugänglich
gemacht wird ggf. durch Illustrationen ergänzt wird und Bilder
aus der Geschichte in der Organisation immer wieder sichtbar sind. Hier
sollte die Vorbeitungsgruppe überlegen, in welcher Form die Geschichte
nach der Konferenz weiter transportiert werden kann.