DIE
BEWUSSTE OPEN SPACE ORGANISATION
Der
Begriff Bewusste Open Space Organisation oder Conscious Open Space Organization
stammt von der Kanadierin Birgitt
Williams. Sie entdeckte die Methode Open
Space Technology für sich, als Sie während etwa 10
Jahren Geschäftsführerin einer Organisation war, die zwar dem
Non-Profit-Sektor angehörte, jedoch intensivem Wettbewerb um Geldmittel
von Sponsoren ausgesetzt war. Die positive Energie und die Resultate der
ersten von ihr durchgeführten Open Space-Konferenz beeindruckten
und inspirierten sie zutiefst. In ihr entwickelte sich die Vision von
einer Organisation, in der die gleiche Initiative, Zusammenarbeit und
Effizienz wirken, die in einer Open Space-Konferenz erlebbar sind –
und zwar Tag für Tag. Birgitt Williams erreichte dieses Ziel. Zuerst
mussten allerdings einige Hürden überwunden werden, wie z.B.
jene, dass ihre Mitarbeiter eine Art „Freiheitsschock“erlitten,
als ihnen bewusst wurde, wie viel Freiheit und damit Verantwortung sie
tatsächlich hatten. Dieser Schock und andere Hürden wurden genommen,
der Schreck verwandelte sich in Begeisterung und die Organisation wurde
in einer sehr schwierigen Zeit überaus erfolgreich. Birgitt Willams
erhielt in dieser Zeit zwei Preise für herausragende Managementleistungen.
Die Bewusste Open Space Organisation (BOSO), wie Birgitt Williams ihre
Organisation nannte, ist vital, lebendig und voller Energie. Ihre Mitarbeiter
engagieren sich, fühlen sich persönlich verantwortlich, zeigen
Initiative, vernetzen sich eigenständig, treffen Entscheidungen und
treiben Verbesserungen und Neuerungen voran. Sie arbeiten über alle
Abteilungs- und hierarchischen Grenzen gut zusammen und lernen ständig
voneinander. Die Organisation als ganzes ist dadurch äußerst
leistungsfähig, erreicht überaus anspruchsvolle Ziele und kann
sich schnell und flexibel auf neue Umfeldbedingungen einstellen. In der
Folge stellen Leiter solcher Organisationen fest, dass sie nicht mehr
selbst alles anschieben und antreiben müssen. Sie erleben, dass viel
mehr von alleine geschieht, dass weniger auf ihrem Schreibtisch landet
und dass sie mehr Zeit für den visionären und strategischen
Teil ihrer Aufgabe haben. Sie erleben, dass sie und ihre Mitarbeiter Partner
in einer gemeinsamen Sache sind.
Merkmale einer Bewussten Open Space Organisation
Wie wird man nun zu solch einer Organisation? Gibt es ein Modell, das
man imitieren, gar einfach einführen könnte? Leider nein. Nicht
zwei Bewusste Open Space Organisationen sehen gleich aus. Es gibt kein
vorgegebenes, starres Modell. Denn alle Organisationen sind einzigartig
und organisch - ebenso wie ein menschlicher Organismus keinem anderen
völlig gleicht - und können deshalb auch nicht in die Form von
anderen gepresst werden. Die Bewusste Open Space Organisation entwickelt
sich immer von innen heraus.
Dafür allerdings gibt es Leitlinien und Kernpunkte, denen man Aufmerksamkeit
widmet: einen ganzheitlichen konzeptionellen Rahmen, innerhalb dessen
man handelt, eine an eindeutigen Prinzipien orientierte Führung und
eine andere Art des Managements. Verschiedene Werkzeuge und Vorgehensweisen
werden genutzt - darunter vor allem partizipative Veranstaltungs- und
Meetingmethoden. So entsteht von innen her ein neues "Betriebssystem"
für die Organisation.
In einer BOSO haben alle Mitarbeiter die Möglichkeit, ihr höchstes
Potenzial zu entfalten, sowohl in ihrer alltäglichen Arbeit wie auch
im Rahmen oft selbt-initiierter Sonderaufgaben oder Projekte. Und –
sie haben ein Umfeld, dass ihre persönliche Gesundheit und Ausgeglichenheit
unterstützt, was zu einem deutlich niedrigeren Krankenstand und einer
geringen Fluktuation führt. Denn wenn die Bewusste Open Space Organisation
auch eine Hochleistungsorganisation voller Energie ist, gibt es in ihr
gleichzeitig eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung, Anstrengung
und Innehalten.
Die BOSO ist eine Organisation, die lebendig ist und wach – denn
sie entscheidet sich dafür, ihre Lebendigkeit zu nähren und
zu stärken, um so optimale Ergebnisse zu erzielen. Sie schafft einen
Raum, der jedem ihrer Mitglieder den optimalen Zugang zum eigenen Potenzial
an Möglichkeiten, Kreativität, Vorstellungskraft, Einsichten,
Lösungen, Entschlossenheit und Inspiration öffnet und so Innovationen
ermöglicht. Sie identifiziert und nährt bewusst ihre Stärken.
Sie sorgt dauerhaft für Gesundheit und Ausgeglichenheit auf allen
Ebenen zum Nutzen der Organisation und ihrer Mitarbeiter. Jeder, der jemals
an einer Open Space-Veranstaltung teilgenommen hat, wird wenig Mühe
haben, sich die BOSO vorzustellen, denn dieselbe inspirierte Leistung,
gute Zusammenarbeit, Verantwortung und Initiative "von unten",
die in Open Space-Konferenzen erlebt wird, zeigt sich in einer BOSO Tag
für Tag, anstatt nur im außergewöhnlichen Raum einer einmaligen
Veranstaltung.
Die richtige Antwort auf die Herausforderungen von heute
Heutzutage müssen Organisationen permanent in sehr kurzer Zeit Lösungen
für komplexe Themen finden und diese Lösungen dann möglichst
umgehend in der ganzen Organisation umsetzen. Sie brauchen eine gut ausgebildete
Fähigkeit, mit Wandel umzugehen und Gelegenheiten zu nutzen, wann
immer sich diese ergeben. Wenn Ihre Organisation so ist, wie viele andere,
dann ist sie jedoch für diese schnellen und oft unvorhersehbaren
Veränderungen nur schlecht gewappnet. Denn im Laufe der Zeit hat
sich in ihr ein dichtes Gestrüpp von Barrieren breit gemacht, die
sie von dem Zugang zu ihren eigenen, großen Ressourcen abhalten.
Das Dickicht der Barrieren hat viele Gesichter, die von überholten,
unzweckmäßigen Strukturen und Systemen über ein zu erweiterndes
Verständnis von Führung bis zu einem Mangel wirklich herausfordernder
Ziele - die alle begeistert mittragen - reichen können.
Ein paar Schichten tiefer, quasi nur verdeckt von diesem Gestrüpp,
befindet sich jedoch immer ein äußerst lebendiger, vitaler
Organismus: die Open Space Organisation. Denn die Open Space Organisation
ist als Potenzial immer schon da, sie wird bloß nicht bewusst wahrgenommen
und deshalb auch nicht gestärkt und genährt. Mit unseren traditionellen
Sichtweisen ist es schwierig, sie zu sehen und zu erleben, da sie vom
Dickicht der Barrieren so überwuchert und stranguliert wird. Doch
wir versichern Ihnen, die vitale, gesunde Open Space Organisation wartet
quasi nur darauf, mit ihrer vollen Leistung und ihrem ganzen Potenzial
zu arbeiten. Sie kann wachsen, wenn das Gestrüpp abgeholzt wird,
wenn also alles weggelassen oder geändert wird, das dem natürlichen
Funktionieren des Organismus "Organisation" widerspricht. Geschieht
dies, dann wird die bereits immer vorhandene, doch unter der Decke gehaltene
Open Space Organisation zu einer Bewussten Open Space Organisation.
Wollen Sie dauerhaft Zugang zu allen natürlichen Ressourcen
Ihrer Organisation erhalten, um optimale Leistung zu erbringen?
Um die enormen natürlichen Ressourcen Ihrer Organisation wirklich
nutzen zu können, braucht es ein gesundes Fundament. Es bedarf gewissermaßen
einer Regeneration. Dieses gesunde Fundament zu schaffen, beinhaltet,
hinderliche Barrieren zu beseitigen, Stärken und Ressourcen zu pflegen
und auf Ausgewogenheit in allem zu achten.
Die Organsiation kann dann Zugang zu ihren Ressourcen erlangen, wenn all
ihren Mitgliedern Freiraum - freier Raum - Open Space – gegeben
wird. Geschaffen wird dieser Raum durch klares Benennen seiner Grenzen,
ähnlich,wie beispielsweise der kreative Raum für eine Fußballmannschaft
durch die Abgrenzung des Spielfelds und eindeutige Spielregeln entsteht.
In dem die nicht veränderbaren und verhandelbaren Grenzen und Standards
klar artikuliert und kommuniziert werden – die gesamte Organisation
also weiß, was veränderbar ist und was nicht und woran man
sich unbedingt zu halten hat – wird die kreative Energie der Mitarbeiter
kanalisiert. Wie bei einem Künstler, der seine schöpferische
Energie auf eine Leinwand begrenzter Größe konzentriert.
Meetings sind ebenfalls ein wichtiger Katalysator für die Entwicklung
der Bewussten Open Space Organisation. In vielen Organisationen sind sie
allerdings keine Quelle der Inspiration, sondern ein lästiges Übel,
das Energie eher entzieht als spendet. Die Bewusste Open Space Organisation
wird dagegen von sehr bewusst gestalteten Meetings genährt, Meetings,
die durch ihre Struktur einerseits sehr partizipativ und aktivierend sind
und die andererseits die Beteiligten unterstützen, mit ihrem gesamten
Potenzial, ihrer Intuition, ihrer Energie, mit ihrer Selbstverantwortung
und auch mit den anderen in echten Kontakt zu kommen. Geeignete Meeting-Methoden
dafür sind u.a. die Open Space Technology und Whole Person Process
Facilitation, die für kleine ebenso wie für große Gruppen
funktionieren. Gemeinsam ist diesen Methoden z.B., dass Meetings sehr
bewusst und sorgfältig begonnen und beendet werden. Gute Meetings
enthalten zudem Momente echter „Muße“ und sind gerade
dadurch besonders effektiv. Des weiteren wird in ihnen mit der Energie
der Teilnehmer und nicht gegen sie gearbeitet. Die Teilnehmer tun in jedem
Moment das, was ihnen aus ihrer Funktion und ihrer Intention heraus als
sinnvoll erscheint und sind dadurch voll bei der Sache.
Bewusste Open Space Organisationen vereinen Qualitäten, die man als
"männlich" und als "weiblich" bezeichnen könnte.
Die weibliche Seite der BOSO drückt sich durch Freiraum, die Fähigkeit
los zu lassen, Momente des Innehaltens und den Einbezug von Intuition
aus. Die männliche Seite zeigt sich in sehr klar artikulierten Zielen,
Grenzen und Standards. Beide Seiten bedingen sich gegenseitig - gemeinsam
bilden sie ein natürliches Ganzes, wodurch eine Organisation entsteht,
die nicht so leicht aus dem Gleichgewicht gerät. Eine Organisation
muss - metaphorisch gesprochen – männlicher und weiblicher,
härter und weicher zugleich werden, um zu einer Bewussten Open Space
Organisation zu werden.
Was braucht es, um sich absichtsvoll zu einer Bewussten Open Space
Organisation zu entwickeln?
Es sind wenige und sehr einfache Werkzeuge, die ermöglichen, dass
alle Mitglieder einer Organisation erkennen, dass sie unter all den verhärteten
Strukturen längst eine Open Space Organisation sind, die lebendig
ist, von Natur aus organisch und voller Potenzial und Möglichkeiten.
Sie entdecken, dass Sie bereits das sind und "haben", was sie
entwickeln wollen. Daher kann man auch sagen, dass es sich bei diesem
Prozess nicht um eine Entwicklung zu einer, sondern eher um die Entdeckung
einer Bewussten Open Space Organisation handelt. Alle Mitarbeiter sind
an dieser Entwicklung oder Entdeckung beteiligt, zu dem u.a. gehört:
- Eine
Diagnose der Aspekte der Organisation, die ihre Lebendigkeit nähren
oder schwächen
-
Dass die Diagnose auf eine Art und Weise durchgeführt wird, dass
sie von Anfang an positive Energie freisetzt und zugleich schon erste
Veränderungen in die richtige Richtung auslöst (viele diagnostische
Methoden tun das nicht, sie lösen bei den Betroffenen eher Ängste
aus und entziehen damit Energie)
-
Ein konzeptioneller Rahmen, als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis
und eine gemeinsame Sprache der Führung
-
Eine an klaren und einfachen Prinzipien orientierte Führung
-
Ein Zweck, der klar formuliert und größer als das Eigeninteresse
der Organisation oder ihrer Eigentümer ist; in Unternehmen z.B.
die klare Aussage (nicht nur als Lippenbekenntnis), dass es darum geht,
den Kunden eine hervorragende Leistung und einen echten Mehrwert zu
bieten
-
Herausfordernde, große Ziele (eine Vision), die klar artikuliert,
eindeutig priorisiert und erreichbar sind
-
Werkzeuge, die es ermöglichen, dass alle Mitarbeiter zu einer realistischen
Einschätzung der externen Herausforderungen (z.B. durch Kunden,
Wettbewerb, neue Technologien etc.) und der Qualität der Leistung
der Organisation gelangen
-
Ein neues Führungs- und Managementverständnis, beispielsweise
in Bezug auf Autorität, Rechenschaftspflicht und Verantwortlichkeit
-
Managementstrukturen, -systeme und -prozesse, die die effektive Arbeit
der Organisation unterstützen, statt sie zu behindern
-
Ein Managementsystem, das den Mitarbeitern ermöglicht, eigene Anliegen
und Ideen über die Grenzen ihrer Abteilung hinaus bekannt zu machen,
zu diskutieren und auf den Weg zu bringen
-
Die klare, eindeutige Artikulation der Grenzen, innerhalb derer die
Mitarbeiter innovativ sein dürfen, und der Standards, an die sich
alle halten müssen
-
Die Entwicklung eines organisationsweiten Gemeinschaftsgeistes
-
Methoden, mit denen sich der durch Veränderung immer entstehende
Schmerz (Ärger) bearbeiten und auflösen lässt, so dass
die darin gebundene Energie für die Arbeit frei wird
-
Die regelmäßige Nutzung partizipativer Arbeitsformen wie
Open Space Technology,
OpenSpace-Online®,
Whole Person Process Facilitation,
Dynamic Facilitation, Appreciative
Inquiry und World
Café – in kleinen wie in sehr großen Meetings
Dieser
Text basiert auf einem Papier von Birgitt
Williams.
Einen sehr ausführlichen Artikel von Birgitt Williams über ihre
Entdeckung der Bewussten Open Space-Organisation finden Sie hier,
weitere Informationen und Artikel in englischer Sprache hier.
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