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ZUKUNFTSKONFERENZ - EINE METHODE FÜR SCHNELLEN WANDEL

 

Zwei Krankenhäuser entwerfen in zweieinhalb Tagen ihre gemeinsame Zukunft

Dr. Matthias zur Bonsen, Dr. Stefan Michallik, Christian Uhl

veröffentlicht in: Krankenhaus-Umschau, März 20000



Die "Zukunftskonferenz" ist eine Methode, mit der eine große Gruppe (bis ca. 72 Personen) ihre gemeinsame Zukunft planen und in die Hand nehmen kann. Im Herbst 1998 wurde sie zum ersten Mal in zwei deutschen Krankenhäusern, die fusioniert hatten, eingesetzt. Die Geschäftsleitung wollte die Führungsmannschaften beider Häuser rasch zusammenwachsen und gemeinsame Ziele entwickeln lassen. Im folgenden Beitrag wird anhand dieses Praxisbeispiels nicht nur aufgezeigt, wie eine Zukunftskonferenz vorbereitet und durchgeführt wird, sondern auch, wie die anschließende Umsetzung der beschlossenen Projekte gelingen kann.

Die Fusion

Anfang 1998 fusionierten das Marienhospital in Marl (316 Betten) und das Gertrudis-Hospital in Herten-Westerholt (180 Betten). In Anbetracht der anhaltenden Turbulenzen im Gesundheitswesen sollten die Stärken der beiden katholischen Häuser, die lediglich 6 km auseinander liegen, miteinander kombiniert werden. Beide Häuser waren bisher erfolgreich: Ihr guter Ruf in der Region und die entsprechende Belegung zeigen dies. Rechtzeitiges Handeln solle dafür sorgen, daß die Zukunft der Häuser gesichert bleibt.

Vorbereitung der Zukunftskonferenz

Nach der Fusion ist eine interdisziplinäre Planungsgruppe, in der auch Vertreter des Aufsichtsrats und der Geschäftsleitung vertreten waren, installiert worden. Sie hatte die Aufgabe, eine 2_-tägige Zukunftskonferenz vorzubereiten.
Das Konzept der Zukunftskonferenz ist ausgewählt worden, weil sich mit dieser Methode relativ schnell ein umfassender Wandel in Organisationen initiieren läßt: Innerhalb weniger Tage können Mitarbeiter aller Hierarchieebenen und aller Berufsgruppen in die Strategiefindung und in die Umsetzungsplanung eingebunden werden. Dies führt eher dazu, daß die gefundenen Lösungen realisierbar sind und von den Betroffenen akzeptiert und mitgetragen werden.
Bei einer Zukunftskonferenz ist es wichtig, das "ganze offene System" in einen Raum zusammen zu bringen, damit möglichst viele unterschiedliche Perspektiven eingebracht und gegeneinander abgewogen werden können. Dementsprechend hat die Planungsgruppe sich entschieden, 74 Führungskräfte und Mitarbeiter der verschiedensten Berufsgruppen und Bereiche gezielt einzuladen: Vom Aufsichtsrat über Krankenhausleitung über alle Abteilungs- und viele Stationsleitungen bis hin zum Krankenhausseelsorger und Sozialarbeiter. Die Mitarbeitervertretung ist ebenfalls eingeladen worden - sie war bereits in der Planungsgruppe vertreten. Zusätzlich waren einige wenige Externe eingeladen, so zum Beispiel der Patientenfürsprecher oder die Leitung der kooperierenden Sozialstation.
Nachdem die Einladungen verschickt waren, entstand in den beiden Häusern eine recht gemischte Stimmung: Viele waren einfach nur neugierig. Manche meinten eher ungeduldig, daß es Zeit würde, neue Zukunftskonzepte zu entwickeln. Andere waren einfach nur irritiert, daß sie "als kleine Nummer" zu einem so wichtigen Anlaß eingeladen werden. Und einige reagierten mit Unverständnis: Warum so ein großer Aufwand? Die Probleme und Lösungen seien doch längst bekannt!

Zukunftskonferenz

Im November 1998 ist es soweit: 74 Führungskräfte und Mitarbeiter betreten einen großen hellen Saal, in dem neun runde Tische stehen. Die Tische sind numeriert und eine Liste legt fest, wer an welchem Tisch sitzt: Zu Beginn sitzen alle Teilnehmer bunt gemischt an den Tischen. Im Verlauf der Zukunftskonferenz gibt es auch Phasen, wo die Teilnehmer an homogenen Tischen sitzen, dann gibt es beispielsweise reine Pflege- und Ärztetische.
Für jeden Teilnehmer liegt eine Mappe mit Unterlagen bereit: Arbeitsblätter und weitere Informationen zu den Aufgaben, die in den kommenden Tagen in Gruppenarbeit bearbeitet werden.
Ein ständiger Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit an den Tischen sowie Präsentationen und Diskussionen im Plenum wird von zwei Moderatoren begleitet.

Die Arbeitsgruppen an den Tischen organisieren sich selbst: Sie bestimmen für jede Aufgabe, die sie bearbeiten, einen Moderator, einen Schreiber, einen Zeitnehmer und einen Sprecher. Damit ist sichergestellt, daß die Zwischenergebnisse an den Tischen auf Flipcharts dokumentiert werden.
Ergänzend protokolliert ein Mitarbeiter des Krankenhausträgers mit Hilfe eines Laptops die Plenumsbeiträge. So können die übrigen Mitarbeiter umfassend über die Zukunftskonferenz informiert werden.

Rückblick in die Vergangenheit

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Aufsichtsrat beginnt der Rückblick in die Vergangenheit. Er steht unter dem Motto: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist verdammt, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen."
Nach kurzer Einzelarbeit werden im Plenum große Plakatwände mit der Geschichte der Teilnehmer, der beiden Krankenhäuser und ihres Umfelds erstellt. Eine Auswertung in Gruppen und im Plenum ergibt etliche Parallelen in der Geschichte beider Häuser. Ein Wir-Gefühl zwischen den beiden Krankenhäusern wird jedoch noch allgemein vermißt. Dieses Wir-Gefühl konnte auch in der kurzen Zeit seit der Fusion mangels Gelegenheiten zum Zusammenwachsen noch nicht entstehen.

Gegenwart 1: externe Trends

Zunächst wird mit allen Teilnehmern ein großes Mind-map der Trends erstellt, die die beiden Krankenhäuser heute und in Zukunft beeinflussen werden. Diese Trends werden von allen mittels Klebepunkten gewichtet. Als zentrale Trends werden beispielsweise identifiziert:
- Der Kostendruck steigt.
- Patienten und Angehörige werden aufgeklärter und anspruchsvoller. Sie erwarten mehr Freundlichkeit und Qualität. Und sie informieren sich im Internet.
- Patienten werden älter, Demenz nimmt zu.
- Neue Behandlungsmethoden entstehen.
- Der Einfluß der Medien nimmt zu, Öffentlichkeitsarbeit wird wichtiger.
Anschließend hat jede Gruppe die Aufgabe, drei aus ihrer Sicht besonders wichtige Trends auszuwählen und dazu zu erarbeiten, was heute schon getan wird und künftig zusätz-lich getan werden sollte.

Gegenwart 2: Stolz und Bedauern

Die Frage, worauf die einzelnen Gruppen stolz sind, ergibt beispielsweise, daß die Ärzte stolz auf ihren hohen Arbeitseinsatz sind. Die Funktionsdienste sind stolz auf ihren Mut für Entwicklungsprozesse. So benennt jede Gruppe Leistungen, auf die sie stolz sind.
Die Frage nach dem Bedauern ist schon etwas schwieriger zu beantworten. Denn hier sollen die Gruppen nicht mit dem Finger auf andere, sondern auf sich selbst zeigen. Wo hätten sie selbst besser sein können, als sie waren. Eine Gruppe bedauert, nicht zu agieren, sondern nur zu reagieren. Andere bedauern, daß sie selber nicht ausreichend informieren. Dabei gibt es auch Gemeinsamkeiten: Pflege und Ärzte bedauern das gleiche Problem, nämlich die mangelnde Kommunikation miteinander.

Zukunft: gewünschte Visionen

Die Teilnehmer sitzen hier wieder in interdisziplinären Gruppen. Unter dem Motto: "Es darf geträumt werden!" entwerfen sie ihr ideales Krankenhaus im Jahr 2005. Dabei werden sowohl die vorher erarbeiteten Trends wie auch die identifizierten Defizite berücksichtigt. So entstehen Zukunftsentwürfe, die zugleich visionär und realistisch sind. Diese werden in phantasievollen Inszenierungen dargestellt. Die meisten Gruppen präsentieren einen kleinen Sketch.
So führt Tisch Nr. 1 zukünftige Besucher in Touristenbussen durch die Klinik 2005 und zeigt u. a. die (Physiotherapie-)Abteilung "Sonnenschein", die aus ihrem dunklen Kellerdasein erlöst wird.
Einige Sketche lösen Heiterkeit, teils auch Nachdenklichkeit aus. Das Spektrum reicht von einem Interview mit Patienten im Jahr 2005 bis zu Zauberkunststücken (zum Stopfen der finanziellen Löcher).
Die anschließende Analyse zeigt, daß es viele Gemeinsamkeiten in den einzelnen Beiträgen gibt, z.B.: Fortschrittliche Medizin, besserer Service für Patienten, bessere Kommunikation der Mitarbeiter untereinander und eine gehobene Ausstattung.

Gemeinsame Ziele

Auf dieser Grundlage werden in weiterer Gruppenarbeit Ziele herausgeschält, denen die gesamte Gruppe zustimmen kann. Schließlich stehen 66 Ziele auf getrennten Papierstreifen und kön-nen so anschließend leichter im Plenum sortiert werden. Entweder kommt ein vorgeschlage-nes Ziel zu den Pinwänden mit der Überschrift "Konsens" - oder zu den "Ungelösten Differenzen". Es ist eine sehr spannende Phase der Zukunftskonferenz, da sich jetzt zeigt, wieviel Gemeinsam-keit zwischen den Teilnehmern bereits vorhanden ist - und wieviel erst noch erarbeitet werden muß.
54 Zielen wird von allen Teilnehmern dieser Zukunftskonferenz zugestimmt, z.B.:
- Einrichtung einer zentralen Patientenaufnahme in den beiden Häusern
- Weiterbildungsangebote für Patienten und pflegende Angehörige
- Regelmäßige Teamgespräche
Mancher Zustimmung ist zuvor eine kurze Diskussion vorausgegangen. Bei weiteren 12 Zielen hat sich schnell gezeigt, daß die große Gruppe sich nicht einigen kann. Zu diesen ungelösten Differenzen gehören z.B.:
- Nur 1- und 2-Bett-Zimmer
- Kindergarten
- Menu à la Carte

Maßnahmen planen

Die letzte große Aufgabe besteht darin, die Realisierung der wichtigsten gemeinsamen Ziele zu planen. Zunächst melden sich freiwillige "Fahnenträger", Teilnehmer also, die bereit sind, ein Ziel mit einer Gruppe zu bearbeiten. Nach kurzer Zeit stehen 11 Fahnenträger an 11 Flipcharts, auf die sie das von ihnen gewählte Ziel geschrieben haben. Gewählt werden beispielsweise:
- Einführung von Qualitätssicherung
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit
- Öffentlichkeitsarbeit und Internet
- Sterbebegleitung
Die übrigen Teilnehmer ordnen sich den so neu entstehenden Projektgruppen zu. Die Freiwilligen werden zu Projektleitern und beginnen, unmittelbar mit den Gruppen ein Konzept zur Erreichung des Ziels zu erarbeiten.
Abschließend wird ein Termin mit der Geschäftsleitung vereinbart, zu dem die Projektgruppen ihre Konzepte vorstellen und einen klaren Projektauftrag mit der Geschäftsleitung vereinbaren.
In der Abschlußrunde wird deutlich das Erstaunen darüber formuliert, wie intensiv und zügig 74 Personen, die sich teilweise noch gar nicht kannten, an so wichtigen Themen arbeiten konnten. Die Ergebnisse beeindrucken, doch sie lösen auch Skepsis aus: Wird alles umgesetzt, werden die neuen Vorsätze gelebt - oder wird doch vieles wieder im Alltag untergehen?
Schon jetzt ist aber für alle spürbar geworden, daß die Mitarbeiter beider Häuser ein ganzes Stück mehr als vorher zusammengewachsen sind. Gemeinschaftsgeist und auch Aufbruchstimmung sind entstanden. Und wie nie zuvor haben Menschen aus allen Berufsgruppen und Hierarchieebenen zusammengearbeitet. Eine Konferenzkultur ist entstanden, die auf den Alltag abfärbt.

Weiterer Verlauf

In den Tagen nach der Zukunftskonferenz wird mit der Umsetzung der Ergebnisse begonnen. Die Geschäftsleitung beschließt, daß die Projekte möglichst bald beginnen sollen. Der Qualitätsmanagement-Beauftragte bekommt den Auftrag, die Projektleiter bei der Durchführung der Projekte zu unterstützen und die Geschäftsleitung regelmäßig über den Fortgang zu unterrichten.

Projekte

Damit die Projektleiter und ihre Projektgruppen möglichst arbeitsfähig werden, erhalten alle Projektleiter und ihre Stellvertreter zwei Monate nach der Zukunftskonferenz eine kurze, intensive Schulung in Projektmanagement. Der Schwer-punkt des Seminars liegt bei der Erarbeitung von präzise formulierten Projektaufträgen für die einzelnen Projektgruppen. Bei der Abklärung der Themen stellt sich heraus, daß zwei Projektgruppen recht ähnliche Aufträge haben und besser fusionieren.
Seit der Beauftragung durch die Geschäfts-leitung arbeiten 10 Projektgruppen häuserübergreifend an der konkreten Umsetzung der gemeinsam verabschiedeten Themen. Durch die regelmäßige Betreuung der Projektgruppen durch den Qualitätsmanagement-Beauftragten der beiden Krankenhäuser ist sichergestellt, daß kein Thema versandet und die Geschäftsleitung über die Entwicklung der Projekte informiert wird.
Dadurch liegen heute - ein Jahr nach der Zukunftskonferenz - neben IST-Analysen verschiede-ner Projektgruppen bereits Konzepte vor, die sich in der Umsetzung befinden:
- Im Projekt "Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit" ist u.a. ein Konzept für die Moderatorenausbildung erarbeitet worden: Die Geschäftsfüh-rung war mit der Umsetzung dieses Konzeptes einverstanden und stellte auch die finanziellen Mittel zur Verfügung. Die Ausbildung hat bereits begonnen.
- Das Konzept für die Internet-Darstellung steht; die ersten Musterseiten sind fertig.
- Die Gruppe "Qualitätssicherung" hat in verschiedenen Sitzungen ein Konzept zur Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen entwickelt. Auf dieser Grundlage wird eine volle Stelle für einen Qualitätsmanagement-Beauftragten geschaffen.
- Die Projektgruppe "Soziale Dienstleistungen" hat u.a. einen einheitlichen Konsiliarschein für die Sozialdienste in den beteiligten Häusern gestaltet.
- Die Projektgruppe "Menschlichkeit, Freundlichkeit und familiäre Atmosphäre" hat in verschiedenen Abteilungen die Neubebilderung angeregt und durchgeführt. Zusätzlich werden für jede Station individuelle Wegweiser-Karten für die Patienten erstellt.
- Die Projektgruppe "Zentrale Aufnahme" hat für die Abteilung Chirurgie in Marl eine zentrale Aufnahme installiert, die mit großem Erfolg arbeitet. Ein Antrag zur finanziellen Förderung einer zentralen Aufnahme für das Marien-Hospital Marl ist bei der Bezirksregierung Münster gestellt.
- Die Projektgruppe "Sterbebegleitung" hat eine Evaluierung der Sterbebegleitung in den Betriebsstätten durchge-führt. Sie organisierte zur Sensibilisierung für die Thematik mehrere öffentliche Vorträge und eine Podiumsdiskussion mit dem Thema: Begleitung bis zuletzt. Zur Zeit wird eine "Handreichung zur Sterbebegleitung" erarbeitet.
- Die Projektgruppe "Arbeitserleichterung durch EDV-Vernetzung" hat nach der Konzepterarbeitung mit der Umsetzung begonnen: In Westerholt arbeiten die Innere Abteilung und in Marl die Urologische Abteilung bereits mit dem neuen gemeinsamen System. Nachdem das Pro-gramm in den beiden Abteilungen zufriedenstellend läuft, wird es nun nach und nach von den anderen Fachabteilungen übernommen.
- Zum Thema "Erlössteigerung" sind verschiedene Konzepte von der Geschäftsleitung aufgegriffen worden und befinden sich in der Umsetzung. Dazu gehört auch ein Diabetes-Zentrum, das bereits die ersten Patienten behandelt hat.
Als ein Jahr später alle Teilnehmer wieder zu einer zweiten Konferenz (siehe unten) zusammenkommen, werden die hier nur verkürzt dargestellten Ergebnisse von den Projektleitern dem Plenum vorgestellt. Und damit wird allen bewußt, wieviel doch in dem einen Jahr geschafft wurde.
Zur Projektarbeit gehört es, daß zeitweise für Einzelfragen Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Auf diese Weise sind noch zahlreiche weitere Mitarbeiter in den Entwicklungsprozeß eingebunden worden.

Weitere Fusion

Während der Projektarbeit hat ein drittes Krankenhaus - das St. Sixtus-Hospital in Haltern (220 Betten) - Interesse ein einer Zusammenarbeit bekundet und wenige Monate später mit den beiden anderen Häusern fusioniert.
Damit die Integration in den begonnenen Entwicklungsprozeß möglichst reibungslos stattfinden kann, hat das St. Sixtus-Hospital Vertreter in jede Projektgruppe entsandt. Diese neuen Mitglieder der Projektgruppe bringen weitere Ideen aus ihrem Haus in die Projekte ein und prüfen, inwiefern bisherige Ergebnisse auf das St. Sixtus-Hospital übertragen werden können.
Auf der Geschäftsleitungsebene entscheiden seit der Fusion die drei Geschäftsführer der Häuser gemeinsam über den Fortgang der Projekte.

Folgekonferenz

Eine 1-tägige Folgekonferenz im Oktober 1999 dient einerseits der Präsentation der bisherigen Ergebnisse, andererseits sollen vor allem weitere Mitarbeiter aus allen drei Häusern die Möglichkeit erhalten, neue Themen und Ideen einzubringen und Maßnahmenvorschläge zu diskutieren.
Als Methode hat sich der Aufsichtsrat für eine Open-Space-Veranstaltung entschieden. Wie bei der Zukunftskonferenz handelt es sich beim Open-Space-Ansatz um die interdisziplinäre Arbeit in einer Großgruppe, in der ein Aktionsplan entworfen wird.

Open Space

Im Unterschied zu einer Zukunftskonferenz ist eine Open-Space-Veranstaltung wesentlich weniger strukturiert: Es gibt keine vorbereiteten Arbeitsaufgaben und auch keine Zuordnung von Teilnehmern zu Tischen.
Zu Beginn dieser zweiten Konferenz sitzen vielmehr alle Teilnehmer im Kreis, in dessen Mitte Stifte, Papier und ein Mikrofon liegen. Jeder Teilnehmer - gleich welcher Hierarchiestufe oder Berufsgruppe - kann in die Mitte gehen und ein Thema aufschreiben und erläutern. Dies wird an eine vorbereitete Wand gehängt.
Von dieser Möglichkeit machen die Mitarbeiter der drei Krankenhäuser eifrig Gebrauch. So werden z.B. folgende Themen vorgeschlagen:
- Arbeitsablauforganisation
- Hausarzt-Krankenhaus-Kommunikation
- Station für Kurzlieger
Insgesamt kommen von den 103 Teilnehmern 22 Themen. Sie werden in Freiwilligengruppen bearbeitet. Jeder macht da mit, wo es ihn am meisten hinzieht. Auf diese Weise entsteht rasch eine zugleich konzentrierte wie kreative Arbeitsatmosphäre.
Die Gruppen dokumentieren ihre Ergebnisse, vor allem ihre Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise, auf Flipcharts. Und noch während der Konferenz werden sie mit Hilfe bereitstehender Notebooks festgehalten. So entsteht eine Dokumentation., die alle nur wenige Tage später erhalten.

Weitere Umsetzung in Projektgruppen

Am Ende dieser zweiten Konferenz wird sichtbar, daß wieder viel Neues angestoßen wurde. Nicht alle der 22 Gruppen werden zu Projektgruppen, doch es sind sehr gewichtige Themen darunter, die eine intensive weitere Bearbeitung verdienen. So vereinbaren die Initiatoren folgender Gruppen, daß sie in Kürze mit der Geschäftsleitung die konkrete weitere Bearbeitung beraten werden:
- Ambulante Rehabilitation
- Krebsberatung
- Patientenschulung
- Neue Geschäftsfelder
Ein zweites mal ist die Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit gefördert worden. Das Wir-Gefühl und der "Spirit" wurden erneuert. Die Teilnehmer sind ein zweites mal sehr angetan von dieser Form der Zusammenarbeit in großen Gruppen. In der Schlußrunde wird besonders betont, daß die Teilnehmer recht zuversichtlich sind, daß auch die neuen Ideen umgesetzt werden, nachdem die Projekte der ersten Konferenz so erfolgreich gewesen sind.

Resümee und Ausblick

Eine Zukunftskonferenz ist eine bemerkenswerte Methode, die es Menschen und Gruppen mit unterschiedlichen Interessen ermöglicht, gemeinsame Ziele zu finden. Wie im vorliegenden Fall können mit ihr organisatorische und stimmungsmäßige Veränderungen erzielt werden, die in konventionellen Top-down-Konferenzen nicht erreicht werden können. Zukunftskonferenzen sind eine optimale Planungsstrategie für unklare "Probleme ohne Grenzen" - für vertrackte Dilemmata, die sich im Gesundheitswesen immer häufiger ergeben. Viele Krankenhäuser stehen vor der Herausforderung: Wie können das Leistungsangebot verbessert, gleichzeitig die Kosten reduziert und parallel ein aufwendiges Qualitätsmanagement eingeführt werden - ohne daß das Engagement der Mitarbeiter leidet?
Der Erfolg einer Zukunftskonferenz setzt jedoch voraus, daß sie in einen Entwicklungsprozeß eingebettet ist: Neben einer sorgfältigen Planung ist das "follow-up" rechtzeitig zu bedenken: Im vorliegenden Fall ist eine Projektorganisation aufgebaut worden, die Projektleiter sind geschult und von einem Qualitätsmanagement-Beauftragten begleitet worden.
Eine Zukunftskonferenz macht nicht nur Sinn bei Fusionen - eigentlich eine recht spezielle Anwendung - sondern bei allen grundsätzlichen Neuorientierungen von Krankenhäusern oder auch einzelner größerer Abteilungen. In der Regel ist es in diesen Fällen empfehlenswert, Externe mit einzubeziehen. Dies können Einweiser, Vertreter von Kostenträgern oder Patienten und Angehörige sein. Damit ist die Zukunftskonferenz auch ein Instrument, um ein Thema anzugehen, das immer mehr Bedeutung gewinnt: Die Vernetzung zwischen dem ambulanten und dem stationärem Bereich.


Zu den Autoren:
Dr. Matthias zur Bonsen: Mitglied der Beratergruppe All•in•one zur Bonsen& Associates, Oberursel, spezialisiert auf Veränderungsprozesse mit großen Gruppen
Dr. Stefan Michallik: Geschäftsführer der Dr. Michallik Unternehmensberatung GmbH, Wiesbaden, spezialisiert auf Managementberatung im Gesundheitswesen,
Christian Uhl, Geschäftsführer der Katholischen Kliniken Haltern / Marl / Westerholt GmbH, Marl, www.Katholische-Kliniken.de